Sonntag, 11. Februar 2018

In der Nacht werde ich immer wieder wach, weil mir echt kalt ist. Aufstehen, um eine weitere Decke zu holen, will ich aber auch nicht. Irgendwann stehe ich dann doch auf und mache mir fertig.

Windiger Morgen

Zum Frühstück gibt’s Brötchen vom Vortag. Ich setze mich ins Wohnzimmer und lese, draußen heult der Wind. Ziemlich ungemütlich da draußen und auch nicht sehr warm. Ich werfe einen Blick ins Nebenhaus und zähle im Bad mindestens 20 Leichen, drei Kakerlaken krabbeln noch. Noch, denn ich rücke ihnen mit dem Vernichtungsspray zu Leibe. Wo kommen die denn alle bitteschön her? Gegen halb zwölf packe ich den Rucksack und ziehe meine Teva-Sandalen an. Mit Fleecejacke ist es angenehm. Auf der Straße tuckert ein Auto, in dessen Schlepptau zwei Pferde traben. Es biegt in unseren Weg Richtung Dünen ein, wo ich bereits heute früh zwei Pferde habe grasen sehen. Die beiden Neuankömmlinge werden wiehernd begrüßt, ein Zaun ist nirgends zu sehen. Ich streife die Sandalen von den Füßen und grabe die Zehen tief in den warmen Sand. Am Strand ist nicht viel los, obwohl heute die Fähre angekommen ist. Einige Leute laufen Richtung Calheta – ob sie wohl wissen, dass das Restaurant noch geschlossen hat? Ich stapfe durch den tiefen Sand, so tief bin ich lange nicht mehr eingesunken. Sanfter Nieselregen setzt ein, verschwindet aber genau so schnell, wie er gekommen ist.

Sonne!

Nach dem Grau-in-Grau der letzten Wochen bleibe ich andächtig stehen, als sich die Sonne schließlich durch die Wolken schiebt. Einfach himmlisch! Ein paar Vögel suchen im ablaufenden Wasser nach Nahrung und flitzen mit ihren kleinen Beinchen rasch auf trockenen Sand, als die nächste Welle heranrollt. Ich lege an der geschlossenen Strandbar eine Pause ein. Hier ist ganz schön viel Sand weggespült worden, ich bin gespannt, wie lange die Bar noch existieren wird. Die Sonne begleitet mich bis zu den Umkleiden, wo das Wasser nicht abgestellt ist und ich die Füße vom Sand befreien kann. Der Bolo-Stand hat geschlossen, am Spielplatz tummelt sich eine Gruppe Pfadfinder, ich schätze mal so Juffi-Alter. Sie tragen schwarze Fleecepulis mit „scout“ drauf, dazu schwarze Schuhe mit gelben Trotteln dran. Auch die Halstücher sind gelb.

Mittagspause

Im Sea Blue gibt’s ein Thunfischsteak mit Zwiebeln und Paprika, dazu Kartoffeln und Salalbeilage. Brisa hat einen neuen, frischen Look erhalten und sorgt einfach umgehend für Urlaubsstimmung. Die Preise auch, denn für das Menü zahle ich inkl. Getränk 12,30 €. Papa schreibt mir, dass heute Karneval in der Stadt sei, aber so menschenleer, wie sie sich hier gibt, kann ich das noch nicht ganz glauben. In der Kirche zünde ich eine Kerze an und stelle fest, dass die Figuren des letzten Abendmahles verschwunden sind, die hier stets standen. Zum Nachtisch begebe ich mich in eine kleine Bäckerei am Rande der Fußgängerzone. Ein warmer Kakao und ein Pasteis de Nata für 1,90 € – irgendwie passt das doch alles nicht zusammen, wie wollen die denn hier überleben bei diesen Preisen?

Pingo Doce

An der Bushaltestelle sehe ich, dass um 16.30 Uhr ein Bus zur Calheta fährt. Ich habe also noch 40 Minuten Zeit zum Einkaufen, das klappt. Im Pingo ist nicht viel los, lediglich die Putzmaschine versperrt mir ab und an den Weg. Süßkartoffeln sind heute im Angebot: Das Kilo für 0,95 €. Agathe, wenn ich Platz im Rucksack hätte, würde ich dir welche mitbringen =) 70 Cent für 200g Zuckerschoten, 23 Cent für 400g Möhren. Für 4€ gibt’s zwei große Stücke Lachsfilet, die Besteuerung der Waren durchschaue ich immer noch nicht so ganz: 22% auf Kekse und Cola sowie Pasteis de Nata und Aufschnitt. 5% auf Fisch und Gemüse sowie Brötchen, Organgensaft und Milchprodukte.

Eine Busfahrt, die ist lustig

Ich stelle mich an die Bushaltestelle und sehe am Taxistand drei Leute, die ein bisschen verwirrt wirken und ständig zwischen Taxen und Bushaltestelle hin- und herschauen. Sie sprechen Schweizerdeutsch, daher spreche ich die junge Frau einfach an und frage, ob ihr ihr helfen kann. Sie sind zum ersten Mal auf der Insel („Papa wollte unbedingt mal hier den Karneval sehen!“) und fragen sich, ob der Bus denn wohl auch kommt, das Häuschen für den Fahrkartenverkauf sei geschlossen. Ich mache ihnen Mut, dass man das hier alles nicht so genau nimmt und wir uns ja immer noch ein Taxi teilen könnten, sollte der Bus bis 16.40 Uhr nicht hier sein. Wir kommen ins Gespräch und ich gebe ihnen ein paar Tipps für ihren Aufenthalt hier. Sie kommen aus Winterthur und sind ebenfalls mit der Maschine aus Lissabon gekommen. Auf dem Rückflug bleiben sie zwei Nächte in Lissabon – und wieder kann ich mit einigen Tipps aufwarten. Um 16.37 Uhr biegt der Bus um die Ecke. 1,40 € sind direkt beim Fahrer zu zahlen, der seinen Sohn mitgenommen hat. Die drei Schweizer steigen am Vila Baleira aus, der Busfahrer fragt mich, wo ich rauswill. Natürlich hält er direkt vor dem Haus – das nenne ich Service.

Windstille

Der Wind hat drastisch nachgelassen, die Temperaturen sind auf knapp 17 Grad geklettert. Ich zupfe Unkraut in Hedwigs Sandkasten und suche die Hängematte. Für die ist es heute noch zu ungemütlich, aber man weiß ja nie. Ich schnappe mir den Besen und kehre erstmal das Haus, dazu war ich gestern einfach zu müde. Im Nebenhaus finde ich Klopapiernachschub und weitere Leichen im Schrank unter dem Waschbecken im Badezimmer. Hier muss ich morgen mal zur großen Beerdigung blasen. Ich ziehe eine zweite Decke in das Bettzeug ein, denn eine weitere fröstelnde Nacht brauche ich nun wirklich nicht. Aus dem Atrium hole ich einen Liegestuhl, auf dem ich mir ein paar Minuten gönne. Ich ziehe ins Haus um, weil der Wind wieder auffrischt, und beginne mit „Die Hauptstadt“ von Robert Menasse. Im Kühlschrank lagern immer noch zwei Brötchen von Freitagabend, die müssen jetzt dran glauben. Bereits gegen halb acht werde ich müde, aber ich kann ja nun wirklich noch nicht ins Bett gehen. Mal gucken, wie lange ich die Augen noch offen halten kann…

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