Samstag, 10. Februar 2018

Um halb zwei klingelt der Wecker. Genauer gesagt, die Wecker. Zur Vorsicht habe ich mir nämlich drei gestellt. Man weiß ja nie. Schnell Haare waschen, anziehen und los – die Sachen habe ich in weiser Voraussicht bereits gestern zusammengestellt, die Brötchen geschmiert.

Blitzeis

VERA verrät mir, dass derzeit keine Meldungen über Verkehrsstörungen vorliegen. Es sind -3°C, die Straßen menschenleer. Auf der A44 Tempomat auf 120 und cruisen. Im Essener Stadtgebiet setzt Regen ein, ich fahre langsamer und bemerke gestreute Straßen. Hinter der nächsten Kurve taucht das Streufahrzeug auf, hinter dem ich brav die nächsten Meter zurücklege. Um kurz nach vier erreiche ich den Düsseldorfer Flughafen.

Der frühe Vogel

Im Parkhaus P7 habe ich reserviert, das Parkhaus ist schnell gefunden. In der zweiten Etage entdecke ich die Frauenparkplätze direkt neben denen von Lufthansa First Class Parking. Läuft. Keine fünf Minuten ebenerdigen Fußweges trennen mich vom Terminal. Ich gehe direkt zur Sicherheitskontrolle. Vor mir eine Familie mit zwei Kindern. Während die Mutter sich mühsam durch all ihre Klamottenschichten kämpft, rühren Mann und Kinder erst dann einen Finger, als sie längst durch den Scanner ist. Es dauert sehr lange, bis alle überprüft sind.
Am Gate tummeln sich merkwürdige Persönlichkeiten: Ein Mann mit pinkfabenen Socken, die in Aliletten stecken und in denen wiederum seine türkisfarbene Jogginghose Platz findet. Ein anderer trägt gleich einen pinkfarbenen Jumpsuite. Drei Männer mit Aktentasche kommen mit zwei Damen auf High Heels ins Gespräch, eine Frau mit Krücken hüpft innerhalb von 20 Minuten dreimal in die Raucherlounge.

Morgenstund hat Gold im Mund

Im Flieger sitze ich auf 13B am Gang, neben mir ein Geschäftsmann. Der Flieger ist fast ausgebucht, es gibt Getränke und ein Sandwich. Zwischendurch nicke ich immer mal wieder ein. Gegen sieben Uhr geht die Sonne auf und begleitet uns bis Lissabon. Wir landen überpünktlich um 7.40 Uhr, sogleich drängeln Passagiere der hinteren Reihen nach vorne – als ob sie dadurch schneller die Maschine verlassen könnten.
Am Flughafen ist noch nicht viel los, ich begebe mich direkt zur Touristeninformation. Die beiden Damen haben offenbar den neuesten Klatsch und Tratsch noch nicht ausgetauscht und holen das jetzt nach. Mit einer an Zoomania erinnernden Langsamkeit überprüft sie meine Voucher für die Lisboa-Card. Ich habe sie bereits online gekauft und bezahlt – für 19,- € gilt sie 24 Stunden lang und man kann mit ihr sowohl alle öffentlichen Verkehrsmittel nutzen als auch zahlreiche Museen vergünstigt oder kostenlos besuchen. Schließlich sind die neuesten Neuigkeiten ausgetauscht und meine Karten ausgestellt. Es kann losgehen! Zunächst bringe ich aber meinen Rucksack zur Gepäckaufbewahrung. „The jacket inside the bag, please!“ Hm, da ist kein Platz. Drumrumwickeln darf ich sie aber auch nicht, da bleibt der Mann hart. Für 3,32 € übergebe ich ihm den Rucksack und bemühe mich, die Regenjacke noch irgendwo in der Handtasche unterzubringen.

Auf nach Belém

Bereits zu Hause habe ich mir den Weg nach Belém rausgesucht: Erst mit der roten Metro-Linie bis Alameda, dort in die grüne nach Cais do Sodre umsteigen. Das mit den Farben klappt super, besser als Nummer merken. In Cais stehe ich erst am falschen Bussteig, sodass ich die 15E verpasse, die just in dem Moment gegenüber abfährt. In zehn Minuten kommt die nächste. Die Sonne lacht vom wolkenlosen Himmel und gegen halb zehn erreiche ich mein Ziel. Zunächst durchquere ich den Bau des Museu Coleccao de Berardo, ein irres Bauwerk. Dann stehe ich vor einem Problem: Ich kann zwar das Padrao dos Descobrimentos sehen, aber zwischen mir und ihm liegt eine vierspurige Straße sowie zwei Eisenbahnschienen nebst brusthohem Zaun. Hm… Ich gehe nach links und siehe da: Eine Unterführung taucht auf!

Padrao dos Descobrimentos und Torre de Belém

Das Entdeckerdenkmal, das 1960 errichtet wurde, ragt majestätisch auf den Tejo hinaus, strahlend weiß im Sonnenlicht vor azurblauem Himmel. Noch sind wenige Leute hier, die Ruhe vor dem Sturm. Am Wasser schlendere ich entlang bis zum Torre de Belém. Er kostet eigentlich 6,- € Eintritt, ist aber in der Lisboa-Card enthalten. Ziemlich beeindruckend, dass dieses Gebäude, das mittlerweile zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt bereits 1520 fertiggestellt wurde. Er war ein wichtiger Punkt der Verteidigungslinie zum Schutz des Tejos. Der Turm trägt eigentlich den Namen „Sao Vicente-Turm“. Die 93 Stufen bis ganz nach oben verkneife ich mir – die Treppe im Stein ist einfach zu eng. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich noch Zeit habe, aber mich sputen muss.

Mosteiro dos Jerónimos

Gegen halb elf erreiche ich das Hieronymitenkloster, das ab 1501 auf Anweisung von König Manuel I. errichtet wurde. Die Finanzierung des Bauwerks, das auch als königliche Grabstätte dienen sollte, war dank der lukrativen Einnahmen aus dem Überseehandel mit Indien möglich, verrät mir der Reiseführer. Die Architektur des Klosters verbindet die letzten Tendenzen der europäischen Spätgotik mit den ersten Stilelementen der Renaissance. Das Kreuzrippengewölbe bedeckt den ganzen Kirchenraum und nicht nur das lässt mich staunend durch die Gänge schlendern. Durch die offenen Bögen des Weltkulturerbes dringt Sonne hinein und sorgt für angenehme Temperaturen. Als ich das Kloster verlasse, ist die Schlange für ein Ticket mittlerweile bis zur Straße angewachsen…

20 Jahre Expo

Ich schlendere durch Belém und gönne mir, was hier so typisch ist und Berichten zufolge von hier seinen Siegeszug antragt: Pasteis de Nata. Ein Törtchen aus Blätterteig mit Puddingfüllung. Köstlich. Mit dem Bus 728 fahre ich am
Ufer entlang bis zu dem Gelände, wo 1998 die Expo stattfand. Das Aquarium ist eines der größten der Welt, aber für knapp 16 € bei noch 90 Minuten Zeit lohnt es nicht wirklich. Ich schlendere durch künstlich angelegte Wassergärten und denke einmal mehr, dass Städte am Wasser doch einfach ihren ganz besonderen Charme haben. Es gibt eine Doppelmeyer-Seilbahn, die ich aber auslasse und stattdessen gegen stürmische Winde vom Aquarium in Richtung Expo-Turm schlendere. Durch das Einkaufszentrum hindurch erreiche ich die Metro-Station.

Pausieren

Viel zu früh bin ich am Flughafen, aber so langsam ist es auch gut. Ich hole meinen Rucksack ab und passiere die Sicherheitskontrollen. An der Essensmeile gibt’s was gegen den Durst und die ersten Zeilen für den Blog. Auf der Anzeigetafel steht, dass ich das Flug verspätet: Von 16.10 Uhr auf ca. 16.55 Uhr, ein Gate ist deshalb auch noch nicht angegeben. Warten wir es ab… Schließlich kommt eine SMS, dass S17 das neue Gate ist. Alles klar. Um 17.15 Uhr hebt die Maschine nicht voll besetzt ab.

Hauseinrichtung

Wir landen ohne großes Geruckel, der Pilot legt allerdings eine ziemlich Vollbremsung hin, damit er flugs wenden kann und nicht erst am Ende der Landebahn. Ich schnappe mir das nächste Taxi – wie durch ein Wunder sind tatsächlich fünf davon hier am Flughafen. Rasch sind wir am Haus, 16€ werden fällig. Inklusive Trinkgeld. Als ich das Nebenhaus öffne, krabbelt mir die erste Kakerlake entgegen. Na bravo. Der Strom funktioniert nicht, Papa leistet am Telefon Hilfe: Es gibt einen neuen Anschluss im Haupthaus, da muss ich das anschalten. Als ich das Bad betrete, tummelt sich in der Dusche eine Kakerlakenfamilie – kleine und große Exemplare scheinen sich dort häuslich eingerichtet zu haben. Ich besprühe sie und entschließe mich dazu, im Haupthaus mein Quartier zu beziehen. Nach etlichen Telefonaten mit Papa, ständigem Taschenlampe ein- und ausschalten und dem Finden eines weiteren Wasseranschlusses läuft auch im Haupthaus endlich das Wasser. Bett beziehen und dann auch gleich in selbiges schlüpfen, es war schließlich ein langer Tag…

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