Mittwoch, 11. Juli 2012

2 Uhr. Max steht vor meinem Zelt: „Anna, aufstehen, Kluft anziehen. Lagertaufe.“ Mein Hirn arbeitet im Schneckentempo. In der zweiten Nacht Lagertaufe? Das kann nicht sein. Ich nicke wieder ein. Doch Max‘ Stimme verschwindet einfach nicht. Also Hose und Sandalen an, dazu die Kluft. Unterm Sonnensegel sammeln sich die sieben Täuflinge. Wir bekommen ein GPS-Gerät und ein Feuerzeug in die Hand gedrückt. Ich außerdem ein Sudoku-Heft: bis zur ersten Station muss ich drei mittelschwere Rätsel lösen, sonst wird und auch das Feuerzeug genommen. Daniela lotst mich, unter meinem Kinn klemmt eine Taschenlampe – Max hat Mitleid gehabt. An der ersten Station wartet ein Dreibeinlauf auf uns. Schlaftrunken und noch ein wenig betrunken fällt das nicht leicht. Das auf dem Löffel, der im Mund steckt, platzierte gekochte Ei (immerhin) fällt mehrmals zu Boden. Station zwei ist Apfelangeln. Im Wasser befinden sich noch Bier, Milch, Mehl und Marshmallows. Alle meistern die Aufgabe mit Bravour. Weiter geht es durch die knöchelhohe Wiese auf eine Lichtung. Wir verbinden uns die Augen und bekommen ein Seil in die Hand gedrückt, an dem für jeden ein Knoten gebunden wurde. Ziel ist es, den Knoten mit nur einer Hand zu lösen. Ich probiere herum, halte den Knoten vor den Bauch, um Widerstand zu habe. Aus einem Reflex heraus ziehe ich einmal ruckartig an dem Seil – in dem Moment, wo sich wie von Zauberhand die Knoten lösen, ergießt sich ein Schwall Wasser über Bauch und Beine. Wie begossene Pudel eiern wir zurück zum Platz und verkriechen uns postwendend in unsere Schlafsäcke. Halb neun werde ich wach, koche Kaffee, sitze im Trockenen und lese ein Buch über Führung. Gegen elf Uhr öffnen sich Zelte, nach und nach kommen sie herausgekrochen. Wolken und Sonne wechseln sich ab. Der Bannermast wird in Angriff genommen, mehr Feuerholz beschafft. Wir spielen Wikinger-Schach, doch vor Ende der zweiten Partie öffnet der Himmel seine Schleusen. Wir sitzen in der verräucherten Jurte oder unter dem Sonnensegel und warten auf besseres Wetter. Einige fahren einkaufen, Raphael, Florian und Mirjam beginnen mit dem Kochen. Man serviert Käse-Weintrauben-Erdbeer-Spieße, es folgt Curry-Reis mit Pfirsichen und Hähnchenbrust. Da für den Nachtisch keine Schälchen zur Verfügung stehen, werden kurzerhand Bierdosen halbiert und die jeweils untere Hälfte mit einer Mascarpone-Vanillepudding-Erdbeer-Creme gefüllt und entsprechend garniert. Das gibt einen Punkt mehr als gestern. Die drei sind so voller Elan, dass sie sogar das ganze Geschirr spülen! Wir setzen uns in die Jurte und singen, Raphael, Thomas und Florian machen sich auf den Weg, um einen Cache zu lösen. Ein Wolkenbruch, ein Knall und das Dach der Jurte löst sich vom Dreibein und segelt auf uns herab. Notdürftig beginnen wir mit der Reparatur, der erste Versuch misslingt, dann steht sie wieder. Nicht schön, aber selten. What shall we do, jaja. Beim nächsten Lied wieder ein Knall, dann ein Schrei: Constantins Stuhl hat das Zeitliche gesegnet und begibt sich samt Mensch gen Erdboden. Um halb zwölf leert sich die Jurte. Ich bin gespannt, ob der Wassersäcke-in-der-Jurte-leeren-Dienst auch wirklich funktioniert…

Ein Kommentar

  1. Hallo, finde gerade diese Berichte von dir. Wirklich sehr interessant, wäre gern auch dort. Nicht nur wegen Ela, sondern … du weißt schon. Man kann es nicht wirklich lassen. LG Anne.

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