Mittwoch, 11. Oktober 2023

Vier Uhr wird offenbar meine neue Zeit zum Wachwerden… Ich drehe mich nochmal um, schlafe weiter, um sieben Uhr ist die Nacht vorbei. Ich texte mit einigen lieben Menschen, von Steffi kommt eine Sprachnachricht. Das Auge ist verklebt und gerötet, machste nix. Ich ziehe mich an und checke aus, gehe ein paar Schritte am Strand entlang. Der Wind pfeift ordentlich, die Wolken verdüstern den Horizont. Ich entscheide mich für ein Frühstück im Auto: Bagel mit Frischkäse. Dann ziehe ich mir noch eine andere Hose an und los geht’s.

Hecla Island

Nach einer guten Stunde erreiche ich Hecla Island. Am Leuchtturm kann man sich über die Geschichte der Insel informieren. Bis in die 1950er Jahre verkehrte nur eine Fähre zum Festland, vier Stunden war man unterwegs. Die 500 Bewohnerinnen und Bewohner lebten überwiegend vom Fischfang. Mit dem Bau der Straße vom Festland auf die Insel wanderten viele Menschen ab, bis der Tourismus Einzug hielt und für einen erneuten Aufschwung sorgte. Fluch und Segen zugleich, denn nun ist man in ca. 30 Minuten beim nächsten Städtchen und ist nicht abhängig von Schnee und Eis.

Marschland

Nur wenige Meter später gibt’s einen Parkplatz im Marschland. Man soll jemandem Bescheid geben, wo man ist, bevor man losläuft. Es gibt drei Routen und den Wolfstrail, der bis in den Norden der Insel führt. Ich entscheide mich für die Routen, die alle den gleichen Einstieg haben. Nur der Gesang der Vögel und da Rascheln der Blätter an den Bäumen durchbricht die Stille der Natur. Einige Wege sind gesperrt, vermutlich halten die Planken nicht mehr oder die Reparatur ist zu aufwändig. Nach rund zwei Kilometern gelange ich wieder auf die Straße, gehe zurück zum Auto.

Hecla Village

Ich biege einfach Mal ins Blaue hinein von der Route ab und erwische so eine kaum befahrene Route durch eine Ansammlung von schmucken Einfamilienhäusern. Rechts die Fisch-Station, wenig später zeichnet sich ein kleiner Fußweg am Ufer ab. Ich wende und parke bei der Station. Und tatsächlich: Ein 1,5 km kurzer Weg führt einen an den historischen Gebäuden der Insel vorbei. Freundlich wird man darauf hingewiesen, doch nur Fotos zu machen und nicht dazu hinterlassen als Fußabdrücke. Aus dem Wipfel einer Birke erhebt sich ein Weißkopfseeadler und segelt majestätisch über den See. Natur pur. Es klart auf und vor dem strahlend blauen Himmel heben sich die Gebäude malerisch ab. Gegründet wurde auch dieses Städtchen von Isländern, was sich spätestens auf den Grabsteinen auf dem Friedhof bemerkbar macht. Auch heute noch tragen einige Bewohner Namen, die ihre isländische Herkunft nicht verleugnen können. Ich zähle auf der Strecke insgesamt 5 (!!) Toilettenhäuschen, immer eine Tür für Männlein, eine für Weiblein. Ich muss an Anne denken, die die fehlende Toiletten auf unseren Wanderwegen zurecht immer bemängelt. Hier gibt’s sogar Klopapier! Ja, es ist nur ein Plumpsklo, aber der Sitz ist sauber und stinken tut es auch nicht.

Ein Tag am See

Wenig später ein Hinweis, dass am Ufer des Sees ein Picknickplatz ist. Tatsächlich auch hier wieder ein Toilettenhaus und natürlich zahlreiche Tisch-Bank-Kombinationen zum Verweilen. Ein älteres Ehepaar kommt an den Strand, macht einige Fotos, wünscht guten Appetit. Ich fahre weiter bis zum North Point. Vom Aussichtsturm hat man einen tollen Blick auf den sich herbstliche gefärbten Wald. Zahlreiche Infotafeln informieren über die Inseln im Lake Winnipeg und ihre Vogelwelt. Ich entdecke einen kleinen Pfad, der parallel zum Ufer entlangführt. Mir begegnen einige Spaziergänger, schließlich erreiche ich den Sunset Beach. Traumhaft. Ein Steinstrand mit zahlreichen Muscheln, ich baue eine kleine Steinskulptur, Kanadagänse gleiten gemächlich durch das Wasser. An einem Tennisplatz (mitten im Wald 🙈) vorbei gelangt man wieder Richtung Straße, im Wald natürlich unzählige Toilettenhäuschen. Am Hafen führt wieder ein Trampelpfad zum North Point. Zwei Paarhufer (mehr konnte ich nicht erkennen) flüchten vor mir aus dem Unterholz, mir wird bei jedem Rascheln etwas mulmig. Am Auto angekommen setze ich mich in die Sonne und esse eine Zimtschnecke.

Gull Harbour Marina and Lighthouse Inn

Ich parke und frage zunächst im Restaurant nach dem Zimmer, sie weisen mir den Weg zum kleinen Häuschen am Steg. Joy, eine resolute Dame jenseits der 50 mit Baseball-Kappe, führt einen für Camping- und Anglerbedarf typischen Gemischtwarenladen und hat ratzfatz alle Unterlagen für die Übernachtung zusammen. Wieder zurück über die Straße, das lange Gebäude mit der Terrasse, letztes Zimmer. Ich bin überrascht vom Innern dieses Gebäudes! In sanften Grautönen mit weißen und schwarzen Akzenten mutet nicht nur der Schlafraum sondern auch das Badezimmer freundlich an. Ich hole meine Sachen und frage Joy nach Internet: Gibt’s überall in der Nähe des Restaurants, aber nicht in den Hütten. Egal. Das Handy verbindet sich, ich hole die Powerbank und mache es mir auf einem Adirondack am Strand in der Sonne gemütlich. So lässt es sich aushalten! Die Saison auf dem See neigt sich dem Ende entgegen, zahlreiche Bootsbesitzer holen ihre Boote an Land. Gegen 18.30 Uhr begebe ich mich ins Restaurant zum Abendessen, es gibt Chicken Finger Dinner. Hinter der Theke drei Männer und eine Frau, ich bin der einzige Gast, bis etwa 45 Minuten später fünf weitere Gäste eintreffen, Joy nimmt mit einer weiteren Dame direkt am Tresen Platz. Gegen acht Uhr gehe ich aufs Zimmer, höre noch Hörbuch und lasse den Abend ausklingen.