Sonntag, 08. Oktober 2023

Gegen sieben Uhr werde ich wach. Zwar bin ich auch nachts ab und an aufgewacht, konnte aber immer wieder einschlafen. Das monotone Rattern lullt mich immer wieder ein. Mein Magen grummelt, ich habe aber keine Ahnung, warum. Das Bad ist frei, ich ziehe mich um und lese, heute will ich das Buch endlich beenden. Zum Frühstück gibt’s bereits gestern geschmierte Brote mit Philadelphia und Hähnchenbrust. Schräg rechts vor mir sitzt Dave, einer dieser ü60-Typen. Der Zugbegleiter entdeckt bei ihm Alkohol, sieht nach Whisky aus. Wird umgehend eingesackt: „No alkohol at the train! You get it back in Winnipeg!“ Dave ist not amused. Neil, der Engländer, fragt mich beim Stopp in Pikwitonei, ob ich ihm Polarlichter-Fotos schicken könnte. Das mache gerne, wenn ich WLAN habe.

Stop in Thompson

Halb zwölf erreichen wir Thompson. Zusammen mit Neil mache ich mich zu Fuß auf den Weg in die Stadt. Im Walmart erstehe ich Muffins und Getränke, nutze dann die Zeit, um kurz online zu gehen und Neil die Fotos zu schicken. Er hat einen Großeinkauf gemacht, 1,5 l Orangensaft, 6 kleine Pizzen (vorgebacken), Aufschnitt. Mühsam trägt er alles ohne Tasche zurück. An Bahnhof gibt’s wieder WLAN, Sebi schickt Fotos vom Urlaub mit Ben und Jakob, wir schreiben eine Weile. Mama und Papa geht’s gut, mich erreicht das erste Foto von Julius, dem Enkel meiner Sekretärin. Kurz vor knapp erreichen die drei jungen Leute aus China mit dem Taxi den Bahnhof, fünf Minuten vor Abfahrt. Gerade nochmal gut gegangen!

Sitzplätze

Ich döse ein wenig weg. Auf einmal steht Dave auf und setzt sich auf den Platz direkt vor mich, klappt die Lehne zurück. Hallo? Der halbe Zug ist frei und er will diesen Platz, der mich um meine Fußfreiheit bringt? Ich schnappe mir meine Sachen und gehe zwei Reihen nach hinten, um beste Fenstersicht und niemanden Hunter oder vor mir zu haben. Problem: Hier ist der Lüfter kaputt, es zieht. Ich halte es nicht sehr lange aus, gehe wieder in meine Reihe, diesmal aber auf die rechte Seite in der Hoffnung, dass Dave nun da bleibt, wo er ist. Sonst werde ich ganz achtsam werden und auf mein inneres Kind hören. So wie der Protagonist in meinem Buch, der ganz achtsam darauf bedacht ist, das Morden anderen zu überlassen. Großartig, diese Achtsamkeit. Teil drei befindet sich im Koffer, aber jetzt darf es erst einmal etwas anderes sein.

Abendroutine

Gegen 19 Uhr versinkt die Sonne und ich esse zu Abend. Kurz darauf mache ich mich bettfertig. Käme mir zu Hause nicht in den Sinn 🙈🤣. Ich freue mich über Jogginghose, T-Shirt und Merinopulli, den ich kurz vor Abfahrt noch bei Wind & Wetter gekauft habe. „Liebs“, sagt man glaube ich heutzutage, wenn man etwas mag oder gut findet. Immer mehr Menschen machen sich fertig für die Nacht, es ist ruhig im Abteil. Nur im Speisewagen noch leichtes Gemurmel. Da kann man entspannt bloggen und dann die Augen schließen.