Samstag, 29. Juli 2023

Heute kommen die Morgengrüße von mir. Ich bin um halb sieben wach, es regnet Bindfäden… Im Frühstücksraum treffe ich die beiden Damen aus dem Gehrnerhof wieder, sie haben hier drei Nächte verbracht. Das Frühstück ist sehr reichhaltig und abwechslungsreich. Viertel vor neun habe ich alles zusammen und bezahle.

Stolperstein

Es sind nur 50 Meter bergauf zum Lechweg, doch der letzte glitschige Stein wäre mir fast zum Verhängnis geworden. Ich kann mich noch fangen, atme tief durch und laufe weiter. Es geht durch den Ort, ein Turm kommt in Sicht. Da muss ich natürlich rauf, um die Landschaft zu betrachten. Erste Bremsen umschwirren mich… Der Weg ist breit und führt am Lech entlang, ich komme zügig vorwärts. Für 16 Uhr sind starke Regenfälle gemeldet, bis dahin will ich im Hotel sein. Immer wieder verliere ich den Halt und rutsche weg, dann drossel ich das Tempo.

Weggefährtinnen

Es geht an der Autobahn entlang, das macht keinen Spaß. Kurz drauf will ich zwei Frauen vorbeilassen, doch wir stellen fest, dass wir im gleichen Rhythmus laufen. Tina und Tamara und Schwestern, haben beide die gleichen Stöcke, Schuhe, Rucksäcke, Trinkflaschen. Über fünf Kilometer laufen wir zusammen, unterhalten uns über Wandertouren und Ausrüstung. Die beiden kommen aus München, fahren daher heute noch mit dem Zug zurück. An einigen Stellen geht es so steil bergab, dass Stahlseile zum Festhalten angebracht sind. Ich bin froh, jetzt nicht alleine unterwegs zu sein! Der Weg öffnet sich und schlängelt sich durch den Wald, am Horizont kann man hinter den Bäumen Schloss Neuschwanstein erahnen. Mein Handy klingelt, Kommentar von Tina: „Aha, Mittagsanruf vom Freund aus der Ferne.“ Am Alpsee verabschiede ich mich von den beiden, sie wollen zügig weiter, um den Zug nicht zu verpassen, ich brauche aber meine Mittagspause. Über 11 km sind bereits geschafft – und ohne es zu merken, haben wir für irgendwo die Grenze zu Deutschland überquert.

Alpsee

Am Alpsee ist es voll. Richtig voll. Nicht nur Spaziergängerinnen und Spaziergänger, auch E-Biker bevölkern die Wege. Letzteren gelingt es nur mühsam, die schweren Räder über die Treppen zu bugsieren. Zudem sind sie damit so breit, dass man als Wanderer nicht daneben herkommt. Nicht schön. Auf einer Bank mit Blick auf Hohenschwangau und Neuschwanstein mache ich Pause. Wenig später begegne ich der Bergwacht, die eine Frau auf einer Trage transportiert. Hoffentlich ist nicht Schlimmes passiert. Endlich biege ich links in den Wald ab, himmlische Ruhe empfängt mich. Als ich den nächsten Anstieg erklimmen, stehen Tina und Tamara wieder da – sie wollen nun direkt zum Lechfall. Ich biege nach rechts ab zum Kalvarienberg, von dem aus man eine grandiose Sicht auf Schloss Neuschwanstein und Füssen hat.

Lechfall

Die letzten Kilometer haben es wie immer in sich: Das Bergab-Laufen fordert meine ganze Konzentration, die Zehen machen sich bemerkbar. Dennoch gelingt ein kurzes Telefonat. Schließlich erreiche ich gegen 15 Uhr mein Ziel: den Lechfall. Massen an Menschen tummeln sich hier, über die Straße führt kein Fußgängerüberweg, keine Ampel. Auch wenn hier 30 kmh ist – alle warten geduldig auf eine Lücke im Verkehr. Ich schieße ein paar Fotos, habe ich nun nach 130 km das Ziel des Weges erreicht. Kaum habe ich die Brücke über dem Fall überquert, setzt der angekündigte Regen ein.

Füssen

Ich checke im Hotel Fürstenhof ein, das Zimmer ist klein, die Ausstattung alt. Ich gehe duschen und mache mich im Regen auf den Weg in die Stadt. Ich habe total vergessen, dass heute Samstag ist und auch in Füssen die Bordsteine nicht so lange unten bleiben. Ich bekomme aber noch Cola Zero und Weingummi für die Rückfahrt. An jedem zweiten Lokal oder Geschäft die Info: „Nur Barzahlung!“ Wtf? In Österreich konnte ich beinahe überall mit Karte zahlen, sogar Kleinstbeträge! 🤷🏽🙈 Im Schnitzelhaus gibt’s Abendessen, ich schreibe Postkarten. Der Regen hat aufgehört, dafür der Wind aufgefrischt. Bibbernd komme ich im Hotel an, ziehe mir ein Fleece über. Es ist super hellhörig, Kinder toben über den Flur, ich höre mindestens eine Klospülung. Da werde ich Ohropax brauchen! Ich verabrede mich für Morgen mit Andreas zum Mittagessen in München, dann zappe ich durch das Fernsehprogramm. Ein letzter Anruf und dann wird geschlafen.