Donnerstag, 27. Juli 2023

Zum Morgengruß werde ich wach, drehe mich aber noch einmal um. Die Berge sind ohne Wolken, doch die Temperaturen sind deutlich unter zehn Grad. Um acht Uhr sitze ich nur mit dem Wirt im Frühstücksraum, außer mir frühstückt niemand. Er meint, dass es um diese Jahreszeit Schnee auf den Höhen gibt, sei nicht ungewöhnlich, die tiefen Temperaturen im Tal hingegen schon. Ich packe alles zusammen, verabschiede mich und laufe los.

Wenn wir erklimmen schwindelnde Höhen

Da ich gestern den Lechweg bergab verlassen habe, geht’s jetzt wieder aufwärts. Doch es geht weiter in Serpentinen hinauf… Keine 4 km später habe ich das Gefühl, überhaupt nicht voran gekommen zu sein, ich sehe Elmen immer noch in Tal liegen. Der Schweiß rinnt mir von der Stirn, aber bald geht es nur noch abwärts. Hier oben viele Wasserfälle, reichlich Serpentinen, manchmal etwa Sonne. Langsam geht es abwärts, am Wegesrand gibt es Betonkunst. Ich begegne keiner Menschenseele. Ohne Regenjacke, über dem Fleece getragen, wäre es eindeutig zu kalt.

Flussbett

Zurück im Tal ergießt sich der Lech in einem sehr breiten Bett, Vitalisierung heißt diese Maßnahme. Der Wanderweg teilt sich manchmal den Weg mit E-Bikern, doch an vielen Stellen kann man in den Wald auf einen Trampelpfad ausweichen. Bei Forchach laufe ich einmal über die Hängebrücke, es schaukelt wunderbar und als ich zurück auf dem Weg bin, sind die Beine immer noch Pudding. Am Flussufer nehme ich nach 11 km Platz und mache Mittagspause. Wenig später ist der Weg weg – einfach abgebrochen. Aber es gibt einen Umweg, fort von der Abbruchkante. Es geht zügig voran, ein Telefonat tut sein übriges.

Weißenbach

Die letzten Kilometer ziehen sich zäh wie Kaugummi, Weißenbach taucht am Horizont auf und scheint doch endlos weit entfernt. Am Sportplatz gibt es eine Pizzeria, die ich später ggfs. aufsuchen werde. Im Naturparkhotel Florence begrüßt mich Joyce van der Giessen – der Name ist Programm. Mit niederländischem Charme fragt sie, ob ich hier zu Abend essen möchte und wie viele Semmel ich für das Lunchpaket gerne hätte. Super Service! Auf dem Zimmer schicke ich Carina eine Sprachnachricht mit niederländischem Akzent in Erinnerung an ihre Wanderung auf dem Ehmsenweg. Die Füße sind eiskalt, der Kopf glüht. Nach dem Duschen geht’s besser, um 18.30 Uhr geht’s in den Speiseraum.

Essgeräusche

Außer mir sitzt ein Mann alleine am Tisch, ein Ehepaar und eine Mutter mit ihrer Tochter. Es ist erschreckend still, man hört jedes (Ess)geräusch. Gespräche kommen kaum auf. Minestrone zu Beginn, ein gemischter Salat, gefüllte Paprika mit Pommes und zum Nachtisch Schokoladenmousse. Für 27€ völlig okay. Ich nehme mir noch eine Cola mit aufs Zimmer, versorge die Füße, führe ein kurzes Telefonat. Im Fernsehen läuft eine Doku, bei der Hennig Baum die Polizei für mehrere Monate begleitet hat. Es kommt noch ein Videoanruf rein und dann falle ich todmüde ins Bett.