Donnerstag, 20. April 2017

In der Nacht wachen wir beide zeitgleich auf, um zur Toilette zu gehen. Die Taschenlampe offenbart sieben Leichen.

Rain in April

Ich werde um halb acht wach, schnappe mir mein Buch und beginne zu lesen. Im Liegestuhl auf der Terrasse ist es nicht so windig wie in der Hängematte und die Sonne scheint mir ins Gesicht. Erst gegen halb neun steht Agathe auf und wir frühstücken. Es beginnt zu regnen, doch es handelt sich nur um einen kurzen Schauer. Mein rechter Fuß hat gestern irgendwas abbekommen, unterhalb des Knöchels ist er rot und dick und schmerzt beim Auftreten. Ich lege mich in die Hängematte und lese, während Agathe ihren New York-Trip plant. Der Wind frischt auf und ich geselle mich zu ihr unter das Sonnensegel auf die Terrasse.

Wissenschaftslektüre

In meinem Buch „Wenn der Nagekäfer zweimal klopft – Das geheime Leben der Insekten“ von Dave Goulson geht es in einem der letzten Kapitel um das Verschwinden der Bienen und den Einsatz von Neonicotinoiden wie Glyphosat. Spannend, aber auch ziemlich beängstigend, was wir unserer Umwelt antun. Da nehme ich mich auch nicht aus, schließlich sprühe ich gerade jeden Abend Insektenvernichtungsmittel in Küche und Bad. Aber vielleicht bepflanze ich meinen Balkon mehr mit Pflanzen, auf die Bienen und Hummeln fliegen. Ich könnte auch einen Teil des Rasens abzweigen und eine Wildblumenwiese anlegen… Wir werden sehen, was die Zeit bringt. Das Kapitel hat mich erschöpft und ich schlafe ein. Als ich wach werde, haben meine Schienbeine ordentlich Farbe bekommen.

It’s snack-time

Zum Mittagessen gibt es einen Müsliriegel, dann man wir uns auf den Weg Richtung Stadt. Dick eingecremt, den Kragen des Polo-Shirts cool wie ein Golfer hochgeschlagen und mit meinem wundervollen Strohhut auf dem Kopf dürfte die Sonne keine Chance haben. Dem Fuß tut das kalte Wasser gut, aber im weichen Sand läuft es sich angenehmer. Ein ständiger Wechsel der Untergründe ist die Folge. Wir kommen nur langsam voran und rasten an der geschlossenen Kneipe. Es hat ja schon fast Tradition, dass wir unsere eigenen Getränke mitbringen… Einige todesmutige Menschen stürzen sich in die Fluten, etliche Menschen in wenig Kleidung sind nicht wirklich schön anzusehen.

Stadtbummel

In der Stadt gibt es Bolo de caco, das Brot mit Süßkartoffelmehl und Knoblauchbutter. Zum Nachtisch spendiere ich ein Eis, das die älteste Eisdiele der Insel verkauft – und das bereits seit 50 Jahren. Im Crocs-Laden werden wir nicht fündig, auch wenn die Verkäuferin sehr bemüht ist, unsere Wünsche zu erfüllen. Bei der Post ziehe ich eine Nummer. Es ist nur ein Schalter besetzt, dementsprechend lange dauert es, bis ich drankomme. Der Mann spricht nur ein paar Brocken Englisch, aber „stamps“ bekommt er hin. Die Anzahl zeige ich ihm mit den Fingern an, auf dem Bon steht der Preis. Klappt doch! Zwei weitere Läden halten für uns Postkarten bereit, Agathe ersteht noch einen Kühlschrankmagnet. Im Pingo ist es recht voll, bei der Fischfrau kaufen wir Doraden (5,- € für zwei Stück, in Deutschland kosteten zwei Stück am Gründonnerstag 12,- €) und Espada (Degenfisch). Letzteren filetiert sie uns zu 12 Stücken – dafür zahlen wir 12,- €. An der Kasse steht vor uns in der Schlange ein Rastafari – so lange Dreadlocks habe ich schon lange nicht mehr gesehen.

English please

Wir versuchen den Busplan zu entziffern; so, wie es aussieht, fährt heute kein Bus mehr zur Calheta. Der Taxifahrer spricht sehr gut Englisch und erzählt uns, dass es für April viel zu kalt sei. 20 Grad – das sei unterirdisch, 24 seien normal. Er berichtet, dass viele Hotels erst im Mai öffnen und Ende Oktober wieder schließen. Daher sei es auch im Moment sehr ruhig auf der Insel. Und noch ruhiger sei es an der Calheta. Da geben wir ihm Recht und 10,- € für die Fahrt.

Espada com banana
Ich habe noch gar keinen Hunger, aber Agathe möchte nicht so spät essen. Als Kompromiss gibt es für jede ein Stück Schokolade. Dann beginnt Agathe mit der Zubereitung von Süßkartoffeln – heute versucht sie es mal in Pommes-Form in der Hoffnung, dass sie dieses Mal perfekt anbräunen – und schnippelt Zucchini. Für den Fisch sei ich dann gleich zuständig. Obwohl… Vielleicht macht sie den auch selbst. Ich tippe weiter fleißig Tagebuch, während sie bereits Teller nach draußen bringt und die brennende Osterkerze zu mir auf den Tisch stellt: „Damit dir ein Licht aufgeht.“ Sie verschwindet ins Bad, während mir immer noch ein leichter Gasgeruch in die Nase steigt. Das Essen ist köstlich, wir spülen und machen alles sprühsicher. Um kurz vor neun geht es runter zur Calheta.

Update
In der Nacht hören wir die Rufe des Gelbschnabel-Sturmtauchers. Hier eine Tonaufnahme auf Youtube: Rufe des Gelbschnabel-Sturmtauchers

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