Freitag, 10. März 2023

Als ich wach werde ist die Sonne noch nicht da. Ich nutze die Chance und eile aufs Dach, stelle das Handy auf und lasse es laufen. Ergebnis: Sonnenaufgang im 30-Sekunden-Zeitraffer. Mama ruft an, ich rufe aber mit Video zurück. Die KiTa wird bestreikt und daher verbringt Hedwig den Tag bei Oma und Opa. Gerade wird getont (also getöpfert). Wo ich schonmal so früh wach bin, kann ich auch Terra Cha machen, da war ich vor einem Jahr auch. Ich packe Proviant ein, lasse die Regenjacke zu Hause. Ob das eine kluge Entscheidung war, wird sich noch zeigen…

Pico Branco und Terra Cha

Zunächst zu Fuß zum Bus, der fährt um 9.30 Uhr los und hat entweder keine Klimaanlage oder sie ist falsch eingestellt. Der Schweiß rinnt mir vom Kopf, es ist unerträglich warm. In der Stadt nehme ich das nächste Taxi. Für 12,80 € bringt mich der Mann zur Terra Cha, ich gebe 15. Hier weiß ich, warum eine Jacke sinnvoll ist – in den Bergen windet es ungemein. Die Gipfel liegen im Wolkendunst. Ich mache mich auf den Aufstieg, mich erwischen erste Tropfen, die die Wolken am Berg hinterlassen, um aufsteigen zu können. Vom Gipfel des Pico Branco sehe ich – nichts, ich bin inmitten von Wolken. An der Terra Cha das gleiche Bild. Gibt kein schlechtes Wetter. Auf dem Rückweg mache ich ein Foto an der Stelle, wo ich heute vor einem Jahr auch eins gemacht habe: gleiche Bluse, gleiche Hose, gleicher Rucksack. Neu: Brille(n) und Schuhe. Unklarer Status bei Socken und Unterwäsche.

Pico Facho und Castelo

Ich hebe auf dem Rückweg gleich zwei einfache Caches. Der Weg am Pico do Facho ist Balsam für jede Seele: Ich kann mich nicht satt sehen am satten Grün und strahlendem Gelb vor einem bewölktem Himmel mit tiefblauem Meer. Noch ein Throw-back-Foto: heute mit Banane statt mit Apfel. Am Castelo entscheide ich mich gegen einen Aufstieg und nutze den Weg bergab. Bei Geocaching schreibt mich der Leger des Caches an und gibt mir Tipps für den Aufenthalt, er sei schon 14 Mal hier gewesen. Wenn der wüsste… 🤣

Abenteuerlich

Komoot verrät mir, dass es noch einen anderen Weg Richtung Kapelle gibt. Zack, eingeschlagen. Bereits nach wenigen Metern bin ich mir unsicher, ob diese Entscheidung so klug war… Der Pfad ist nicht breiter als ein Trampelpfad, dort, wo tiefe Täler sind, geht es manchmal nur auf allen Vieren vorwärts. Ich betrete in eine Kakteenlandschaft, der Weg ist so gerade eben breit genug für mich. In den Kakteen haben unzählige Spinnen ihre Netze gespannt. Ali würde keinen Schritt mehr wagen. Über eine kleine Schlucht hinweg wieder bergauf erreiche ich ein kleines Stein-Plateau, ich kann keinen Weg erkennen. Laut Komoot noch ein paar Meter. Naja, so grob könnte das sein… Vorsichtig geht es voran, da erkenne ich den Weg. Der klappt besser und bald erreiche ich die kleine Kapelle. Es schlägt 15 Uhr.

Letzter Einkauf

Im Pingo noch einmal Nachschub für den Kühlschrank, in der Bäckerei eine Brisa mit einem Pasteis de Nata. Ich schlendere zum Bücherschrank: Mein Buch ist schon nicht mehr da! Ich schreibe ein paar Zeilen mit Kordula, dabei vergesse ich die Zeit und muss mich sputen, um den Bus zu erwischen. Die Frau von gestern fragt, ob ich den Mondaufgang gesehen habe – natürlich! Der Busfahrer will mich am Hotel rauslassen – so langsam dürfte er mich doch kennen…

Walk and Talk

Amanda, so heiß die Frau, steigt mit mir aus, wir kommen ins Gespräch. Sie ist im Hostel untergekommen, es sei gut eingerichtet und sauber. Eigentlich ist sie nur für die Besichtigung eines Oktopus hergekommen, aber es hat ihr so gefallen, dass sie nochmal zwei Tage drangehängt hat. Ursprünglich stammt sie aus Brasilien, macht gerade eine kleine (oder vielleicht auch große) Europareise. Sie ist zum ersten Mal auf Porto Santo und gefühlt von jedem Steinchen begeistert. Bei unserem Haus überschlägt sie sich fast: so eine Blumenpracht, so ein toller Garten, welch schöne Gemälde an der Hauswand. Dieses Haus habe Charme und Seele, nicht so wie diese ganzen Neubauten. Volle Zustimmung. Sie geht Richtung Calheta, Sonnenuntergang schauen. Ich muss erst einmal duschen. Dann packe auch ich alles zusammen und gehe ebenfalls ans Inselende.

Sonnenuntergang

Bolo gibt’s erst um 19 Uhr, also in einer halben Stunde. Ich lese und trinke Brisa (was sonst), versuche ein Telefonat mit Agathe, die vom Schneegestöber auf der Autobahn nach Hause überrascht wird und umkehren muss. Um kurz vor sieben stellt mir der freundliche Kellner das Brot auf den Tisch. Immer wieder stehe ich auf und beobachte den Sonnenuntergang. Außer mir ist nur noch ein weiterer Gast im Restaurant, daher nutzen auch die Angestellten die Gunst der Stunde und machen Fotos. Amanda sieht mich, wir grüßen kurz und wünschen uns noch einen schönen Abend. Beim Nachtisch klappt das Telefonat mit Agathe besser, sie bleibt über Nacht bei ihren Eltern. Ich schlendere zurück, Stephan schickt Fotos von seinem „Baby“sitterdienst bei Hannah und Henry. Erstere will natürlich immer noch nicht schlafen, welch Überraschung. Im Haus lasse ich beim Schreiben der Postkarten ein bisschen Lyrik einfließen und spiele ein paar Runden Rummikub.