Dienstag, 18. Februar 2020

Als ich in der Nacht zur Toilette muss, erhaschen ich einen Blick auf den absoluten Anfängerfehler in diesem Haus. Die Gläser habe ich nur grob durchgespült, was eine Schar Ameisen dazu bewogen hat, das Glas, in dem mal Orangensaft war, genüsslich abzuschlecken. Mit Wasser und Spray rücke ich ihnen beherzt zu Leibe, bevor ich wieder ins Bett krabble (wie passend…).

Regen und Wind

Nach dem Frühstück packe ich den Müll zusammen und werfe ihn auf dem Weg zur Calheta in die bereitgestellten Tonnen am Straßenrand. Es ist trübe und der Wind peitscht das Wasser hoch hinaus. Regen setzt ein und es wird rasch ungemütlich und kalt. Das meint auch der Busfahrer, der mich als einzigen Gast einsammelt. Am Hotel steigen jedoch noch weitere Fahrgäste zu. In der Stadt überlege ich kurz, ein Taxi zu nehmen, entscheide mich dann aber dagegen und marschieren Richtung Pico Castelo die Straßen entlang.

Rund um den Pico do Facho

Ich schlage den Weg zum Pico do Facho ein. Im Wäldchen am Hang des Pico Castelo ist es noch angenehm, doch nach wenigen Schritten auf dem Übergang zum Facho erwischen mich Sturm und Regen frontal. Die Landschaft freut sich über das Wasser, ich bin dankbar für eine gute Regenjacke, die Funktionshose, hoffentlich weiterhin trockene Schuhe und den Regenschutz für den Rucksack. Der Wind bläst stärker, je näher ich der Ostseite des Berges komme, im Norden schützen mich wieder die Bäume. Der Wind treibt die Wolken unbarmherzig vor sich her, an und zu sieht man blauen Himmel. Zurück am Wendehammer lege ich eine Pause ein und will auf einem Stein Platz nehmen. Der ist aber nicht so fest wie gedacht und so lande ich unsanft auf meinem Allerwertesten und mein durch die einschneidende Begegnung mit dem Brotmesser zu Hause eh schon lädierten Finger mitten in den Brennnesseln. Läuft.

Pfadfinderin

Ich beschließe, den Castelo mal von Norden zu erklimmen. Der Weg ist gut zu begehen, aber sehr schlecht markiert. Mehrmals erwische ich eine Abzweigung, die im Nichts endet. Schließlich erreiche ich aber den Gipfel und stelle fest, dass ich vor 23 Jahren bei meinem ersten Aufstieg den gleichen Pulli trug wie jetzt – so geht Nachhaltigkeit! Gut, er ist ein wenig aus der Form geraten, dafür trug ich damals noch keine Brille aber 26kg mehr mit mir herum. Auf dem Rückweg wird mir klar, warum ich den Berg so ungern laufe: diese furchtbaren Stufen geben den Knien echt den Rest.

Einkauf und Essenskatastrophe

Im Pingo erstehe ich neue Getränke und Brötchen. Da viele Restaurants über Mittag geschlossen haben (und erst recht dienstags, wenn das Schiff nicht kommt) bin ich sehr froh, im Apolo4 Bolo do Caco und Espada com Banana zu bekommen. Während das Brot sehr gut schmeckt, frage ich mich bei den anderen Sachen, was da schief gegangen ist. Der Fisch hat Gräten und schmeckt nach anderem Fisch, Kartoffeln und Gemüse haben Fisch-Beigeschmack und werden auch durchs Salzen nicht besser. Tief enttäuscht lasse ich die Hälfte zurück in die Küche gehen, das kann man wirklich keinem vorsetzen. Aus Kulanz berechnen sie mir das Brot nicht.

Casa? Sim!

In der Post ziehe ich zwar wie üblich eine Nummer, komme aber sofort dran. Beim Chinesen erstehe ich ein kleines Portemonnaie für Hedwigs Urlaubsgeld, das in wildes Piepsen ausbricht, als ich den Laden verlasse. Die Verkäuferin hatte vergessen, das Anti-Diebstahl-Teil zu entfernen. Ich kaufe ein Busticket und steige mit vier anderen Leuten ein. Der Busfahrer fragt: „Vila Baleira?“ und sie nicken. Bei mir fragt er: „Casa?“ – „Sim.“ Wir lächeln uns an. Und tatsächlich lässt er mich direkt vor dem grünen Tor an unserem Grundstück aussteigen.

Kalter Wind

Da sich die Sonne kurz durch die Wolken schiebt, lege ich draußen meine Füße hoch. Doch schon kurz darauf frischt es wieder auf und ich verziehe mich für 10.000 und Dreist! ins Haus. Diesmal spüle ich alles sehr sorgfältig, bevor ich ins Bett gehe…