Samstag, 15. Februar 2020

Ich habe den Wecker für halb vier gestellt, werde aber in kurz nach drei wach. Fix fertig machen und sich von den netten Mann von der Rezeption die Haustür aufschließen lassen. Die Spielhallen sind geschlossen, auf den Straßen fliegen E-Scooter und leere Fast-Food-Verpackungen herum. Aus einer Diskothek dringen wummernde Bässe und schiefe Töne der Feiernden. Im Hauptbahnhof herrscht bereits um diese Zeit reges Treiben. Bei Brezelbäckern und Kamps laufen schon die Backöfen, bei McDonald’s werden die ersten Burger des Tages verspeist. Am Bahnsteig fast ausschließlich Fernreisende und Aktenkofferträger. Die S-Bahn ist pünktlich, ein Obdachloser sucht erfolglos nach Leergut.

Von Düsseldorf bis Lissabon

Am Flughafen steht LIS mit 6 Uhr Abflug ganz oben auf der Anzeigetafel. An der Sicherheitskontrolle vor mir ein Ehepaar mit zwei Kindern, etwa drei und sechs Jahre alt. Ich zähle zwei Spiegelreflexkameras, drei Handys und vier Tablets. Beim Abflug ist es recht ruhig, alles geht gesittet zu. Der Mann am Schalter bekommt meinen persönlichen Geduldsfadenpokal, da er alle fünf Minuten einen älteren Herrn mit unglaublicher Ruhe erklärt, dass das Boarden noch nicht gestartet und der Flieger noch nicht ohne ihn abgehoben ist. Mein elektronisches Ticket verschafft mir keinen Zutritt, am Schalter bekomme ich vom Geduldsfadenpokalgewinner ein neues Ticket mit den Worten: „Frau Werner, für Sie haben wir heute einen neuen, viel besseren Sitzplatz arrangiert. Herzlichen Glückwunsch und guten Flug!“ Aus 29C wurde 9F und mit so freundlichem Worten darf die Reise gerne immer beginnen. Zwei Reihen vor mir mir eine spannende Familienkonstellation: eine Frau, zwei Männer, ein Säugling. Man macht alles zu dritt, sogar Windeln wechseln. Der Flug verläuft ruhig, auf den Bergen tief unter mir glitzert der Schnee auf den Kuppen in der aufgehenden Sonne.

Metro in die Stadt

Für 3,39€ gebe ich meinen Rucksack bei der Gepäckaufbewahrung ab. 50 Cent kostet die wiederaufladbare Karte für die Metro, die Fahrt in die Stadt 1,50€. Mehr als das Doppelte kosten die 15 Minuten von Müschede bis Neheim, das muss man nicht zwingend verstehen. Ich mache mich bei Rossio auf die Suche nach dem Hotel für die Rückreise und werde schnell fündig. Danach stromere ich durch die Gassen, noch ist nicht viel los. Am Ufer des Tejo formt ein Sandkünstler Tiere und Rosen in den Sand und bittet um eine Spende. Obwohl einige Menschen schon im T-Shirt unterwegs sind, lasse ich den Pulli doch noch an. Ich merke die Sonne schneller als mir lieb ist und besuche den Bogen am Tejo. Von hier oben hat man eine phantastische Aussicht über die Stadt.

Buntes Treiben

Mittlerweile hat der Strom an Menschen zugenommen. Ich wäre bestimmt schon um 10 Sonnenbrillen reicher und hätte schon fünf Stadtführungen unterschiedlicher Sprachen mitgemacht, wenn ich alle Anfragen mit JA beantwortet hätte. Alles in allem ist Lissabon für eine Hauptstadt doch sehr beschaulich und vor allem sehr gelassen. Ich sitze beim Rossio und lese, erste kostümierte Menschen verirren sich auf den Platz. Rechtzeitig steige ich wieder in die Metro zum Flughafen.

Alles Gefahrgut

Bei der Sicherheitskontrolle türmen sich die Kisten mit Passagiertaschen, in denen offenbar Gefahrgut o.ä. drin ist. Als das Band nicht mehr weitere Kosten unterkriegt, stoppt man die Aktion und nach und nach werden alle Kisten nochmal durch den Scanner gejagt. Da beginnt man natürlich nicht bei der Kiste, die schon ganz vorne in der Schlange ist, das wäre ja zu einfach. Bis das Gate feststeht, dauert es wie immer recht lange. Ich merke die Sonne und den fehlenden Schlaf und steige mit starken Kopfschmerzen in den Flieger. Kaum haben wir die Flughöhe erreicht, bin ich eingeschlafen.

Blick auf die Insel

Nach einer Stunde Schlaf entdecke ich mein Abendessen, das man mir freundlicher Weise hingestellt hat. Ich packe es fürs Frühstück ein. Der Pilot dreht eine wunderbare Runde über Porto Santo, bis wir butterweich landen. Vor dem Flughafen warten tatsächlich sechs (!!) Taxen und ich springe sofort in das erste. Die Frau lebt erst seit 5 Monaten hier, ihr Freund ist eigentlich der Taxifahrer, sie hilft ab und an aus. Am Straßenrand eine Schafherde mit Lämmern, sonst keine Besonderheiten.

Home sweet Home

Kurz vor sechs schließe ich das Tor auf und mache einen kurzen Rundgang durch die Häuser. Drei Tote Kakerlaken im neuen Appartement, damit kann man leben. Ich hole meine Klamotten, den Sonnenhut, Kosmetika und Schuhe und begebe mich ins Nachbarhaus. Nachdem alle Fenster und Türen geöffnet sind, kann man darin auch wieder atmen. Ich verstauen den Fensterladen an der Wand, gehe einmal durch und ziehe das Bettzeug aus dem Vakuumbeutel – das ist wirklich eine der praktischten Sachen, die wir je angeschafft haben. Nach nicht einmal 45 Minuten ist das Haus bewohnbar und ich lasse den Abend bei Brisa, Pasteis der Nata und Wellenrauschen an der Calheta ausklingen.