Montag, 27. August 2018

Im Frühstücksraum ist es ziemlich voll. Eine Reiseteilnehmerin berührt mit dem Finger ein Stückchen Wurst, dann greift sie es mit der Zange, sagt: „Oh, das ist ja Wurst!“ und lässt es wieder zurück in die Pfanne fallen. Wäre mir nicht immer noch schlecht – spätestens jetzt wäre es mir. Gut, dass man einige Personen hoffentlich nie wieder begegnen wird.

Stadtbummel mit Salome

Um neun Uhr starten wir mit dem Stadtrundgang. Vier von uns haben sich ausgeklinkt und werden Tiflis auf eigene Faust erkunden. Salome führt uns durch die Altstadt, erzählt viel zu Gassen, Häusern, Kirchen, Berühmtheiten, Stadtgeschichte. Ich kann mir gar nicht alles merken. Ich erstehe ein armenisches Schmuckstück – da brauche ich zu Hause nur noch eine passende Kette für. Immer wieder gibt sie uns Zeit, die Kirchen in Ruhe zu betrachten. Kopftücher sind überall Pflicht, als Frau keinen Rock zu tragen wird nicht immer als Betretungsverbot angesehen. Die bereitliegenden Tücher sind alle zu kurz für meine Hüfte, der Rock ist schon eingepackt. Schließlich holt uns der Busfahrer ab und bringt uns durch die Hügel hinauf zur Mutter Georgiens.

Panoramaweg

Wie die Mutter Armeniens wurde auch die Mutter Georgiens nach dem Ende der Sowjetzeit erbaut. Spannend, dass hier so oft die Frauen dominieren, im Alltag aber weiterhin eine untergeordnete Rolle („Heimchen am Herd“) spielen. Wir gehen weiter zu Festung Narikala, den Blick immer auf die sich zu unseren Füßen im Tal erstreckende Stadt gerichtet. Den Grundstein zur Festung legten die Perser Ende des 4. Jahrhunderts, um das Mtkvari-Tal zu beherrschen. 1829 wurde sie von einer heftigen Explosion (die russischen Besatzer nutzen sie als Pulverkammer) nahezu vollständig zerstört. Vorbei am Botanischen Garten schlängelt sich der Weg die Hügel hinunter bis zu den Schwefelbädern, die die Türken hier errichtet haben. Salome erzählt, dass es hier eine Kirche gibt, in der Sunniten und Schiiten Gottesdienst feiern, dass während des zweiten Weltkrieges Juden in die Synagoge gehen durften und nicht vertrieben wurden, auf engstem Raum nahezu jede Religion ihr Gotteshaus besitzt und in friedlicher Koexistenz seit Jahrzehnten lebt. Warum geht das nicht weltweit ebenfalls?

In der Ruhe liegt die Kraft

Die frauenverachtenden Aussagen einiger Mitreisender sorgen dafür, dass ich mich umgehend nach Beendigung der Stadtführung auf den Weg Richtung Hotel mache. Unterwegs erstehe ich noch einige Getränke und Postkarten. Im Hotel lege ich die Füße hoch und lese – da ich, seit wir in Georgien sind, noch keine vollständige Mahlzeit zu mir genommen habe, ein wenig schlapp bin, muss ich mir das gönnen. Vor dem Duschen kaufe ich noch letzte Karten und Souvenirs, dann heißt es fertig machen zum Abendessen. Es werden typische georgische Spezialitäten serviert, die bei mir rasch den Weg wieder hinausfinden. Zu Hause muss ich dann wohl doch mal zum Arzt.