Sonntag, 18. Dezember 2016

Guten Morgen, Wien!
Um acht Uhr schrillt das Telefon an der Wand. Das Telefon? Ich eile hin: „Hallo?“ – „Scusi.“ Und legt auf. Okay. Ich liege gerade wieder, da klingelt mein Wecker. Aufstehen, fertig machen. Gegen neun Uhr verlasse ich das Haus und muss ich auf der Straße erstmal zurechtfinden. Am Museumsviertel vorbei und durch die Hofburg hindurch erreiche ich das Café Griensteidl. Hier gibt es ein umfangreiches Frühstück mit Semmeln, verschiedenen Sorten Käse, Marmelade, heißer Schokolade und Ei. Die kleinen Kaffeehaustische quellen fast über. Die Kellner eilen im Anzug mit Fliege von Tisch zu Tisch, die Dame trägt über dem schwarzen Bleistiftrock eine gestärkte weiße Schürze mit Spitze. Das Publikum ist bunt gemischt ab Anfang 30, überwiegend Österreicher. Musik läuft nicht, gedämpftes Stimmengewirr erfüllt den Raum.

Vier Kerzen hell strahlen
Der Adventsmarkt nebenan hat bereits geöffnet – reichlich Touristennepp. Ich schlendere weiter, Der bei Zuckerbäcker Dehmel bestaune ich die Auslagen, im Palais Ferstl ist geschlossene Gesellschaft. In der Nähe ein kleiner, feiner Adventsmarkt. Stoffe, Handgemachtes, Holzspielzeug, Bioprodukte und Krippenfiguren werde angeboten, ab und an fährt ein Fiaker vorbei. Die Budenbetreiber kennen sich untereinander, man hält einen Plausch auf der Straße. Hier vertraut man den Menschen: viele Buden sind verwaist, obwohl teure Artikel in der Auslage liegen. Ich bin mir sicher, dass hier einer auf den anderen Acht gibt. An einem Stand mit Blaudruck kann ich mich nicht entscheiden, vielleicht komme ich morgen nochmal her. Vor dem Café Central wartet eine große Menschenansammlung auf Einlass.
Am Rathaus angekommen ist es bereits trubeliger. Rund 150 Buden stehen hier, dank der Durchnummerierung bekomme ich alle zu Gesicht. Vieles wiederholt sich, Maronen und Langosch bestimmen das Bild ebenso wie Baumkuchen und übergroße Brezeln und Kuchen. Der Langosch ist flacher, größer und günstiger als der im Wildwald, probiert habe ich ihn nicht.
Nach langem Knobeln am Geduldspiele-Stand sind meine Füße kalt. Ich gehe ins Rathaus und wärme mich auf. Kostenloses WLAN verschafft mir den nächsten Tipp fürs Mittagessen:
Fiakergulasch im Café Eiles hinterm Rathaus. Gleichzeitig vereinbare ich mit Manuel – wir haben lange zusammen im Kammerorchester gespielt – ein Treffen für Montag.
Das Café Eiles ist nicht überfüllt, ich finde rasch einen Platz in einer Nische. Die Ober sind auf Zack, binnen weniger Minuten habe ich mein Essen. Puh, lecker, aber ganz schön viel. Da muss die Esterhazy-Torte wohl ausfallen, Tobias =)

Schloss Schönbrunn
Ich gehe zur Pension und lege die Füße hoch. Langsam werden sie wieder warm. Gegen 17 Uhr verlasse ich das Haus und gehe zur U-Bahn. Zunächst erwische ich den falschen Abgang, bemerke meinen Fehler aber rasch. Umsteigen am Karlsplatz und dann Ausstieg Schönbrunn. Es schneit!
Auf dem Weg zum Schloss verschenken Menschen eine Umarmung. Ich mache mit und wünsche frohe Weihnachten. Ich schlendere über den Markt, hier findet man ausgefallene Sachen. Mein Magen knurrt, ich kaufe Schupfnudeln mit Nüssen und Apfelmus. Der Schnee geht in Regen über.
Am Eingang gibt es Toiletten, im Souvenirladen schließt sich hinter mir das Rolltor.
Pünktlich um 19 Uhr taucht Silvia auf. Wir waren 2012 zusammen in Costa Rica. Verrückt. Gemeinsam erkunden wir den Markt, probieren uns durch allerlei Köstlichkeiten und trinken einen Glühwein. Das nasskalte Wetter zieht die Beine rauf, wir machen uns auf den Rückweg.

Adventskonzert
Am Karlsplatz steigen wir aus und laufen zum Stephansdom. An der U-Bahn-Haltestelle wird gezählt: Wie viele Stunden in diesem Jahr gearbeitet wurden, wie viele Schnitzel gegessen worden sind. Im Café aida gönnen wir uns ein Stück Torte und einen Tee. Für die Toilettennutzung wird 1€ fällig, den man bei seinem Kellner gegen Abgabe eines Bons wiederbekommt. Merkwürdige Regelung.
Silvia und ich verabschieden uns – das war ein schönes Treffen! Im Dom schieben sich zahlreiche Menschen zu den Sitzen. Der Raum ist gut gefüllt. Ein klassisches Streichquartett nebst Querflöte, Oboe, Trompete sowie Sopran und Bariton treten auf. Es gelingt ihnen nicht, den Raum gut zu füllen, alles klingt blass. Meine Enttäuschung wächst von Lied zu Lied: Das Orchester spielt eine Strophe, dann singen die Solisten eine und Schluss! Verstehe ich nicht.
Um 23 Uhr ist das Konzert beendet, der Regen hat aufgehört. Am hell erleuchteten Rathaus vorbei bin ich in knapp 30 Minuten in der Pension.

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