Samstag, 5. Februar 2011

In der Nacht wache ich immer wieder grundlos auf. Morgens um halb acht stehe ich wie gerädert und mit Kopfschmerzen auf. Nach dem Waschen geht’s schon besser.
Dichte dunkle Wolken schieben sich über den hellblauen Himmel, von dem soeben noch die Sonne schien. Es ist nahezu windstill, einzelne Böen kommen aus Süden. Die SATA hebt gegen halb neuen ab, um 10.00 Uhr müsste die Fähre anlegen.
Ich erkunde den großen neubau oberhalb der Jugendherberge – Ein Sportcenter! Kinder laufen auf glatter Fläche Rollschuh, Mütter schlürfen einen Bica. Nebenan eine Schwimmhalle – leider nicht für die Öffentlichkeit bestimmt – schade. Der Weg von der Jugendherberge zum Flughafen dauert rund 30 Minuten. Eine Stunde vor Abflug ist check-in.
Der Weg führt mich immer weiter gen Norden, einmal am Flughafen entlang. Kurz vor Camache werden linker Hand Bäume und Sträucher herangezogen und Wein angebaut. Dr Wind weht aus Südost, den Pulli behalte ich lieber mal an.
Gegen 11.45 Uhr erreiche ich mein Ziel – Fonte da Areia. Die Aussicht auf die tosende Brandung ist grandios. Unablässig donnern breite Wasserfronten auf die Steilküste. Ich kann mich nicht sattsehen. Die Sonne kommt raus – Hose hochgekrempelt und Pulli aus. Vorsichtig beginne ich den Abstieg nach Calhau. Tische unter Palmenhütchen und Holzbänke laden nach wenigen Metern zum Verweilen ein. Weiter geht es den steilen Pfad hinunter. Überall im Boden lassen tiefe Risse starke Erosion erahnen. Hier muss einiges den Berg heruntergekommen sein. Den ersten Strauch übersteige ich mit Leichtigkeit. Drei Kurven weiter haben Wasser und herabstürzende Geröllmassen den Weg auf einem zwei Meter breiten Stück Richtung Meer heruntergerissen – an ein Weiterkommen ist nicht zu denken. Ich kehre um und genieße die Sonne unter einem der Waikiki-Beach-Palmen-Tischchen. WIr sind schließlich im Urlaub, da darf man auch mal faulenzen und es sich gut gehen lassen. Ich kann es sehen – das Leben ist schön!
Mein Weg führt mich westlich des Flughafens entlang. Die Straße ist nicht asphaltiert, vereinzelt fahrende LKW und PKW hinterlassen große Staubwolken. Von der Straße oberhalb des Strandes hat man eine grandiose Sicht auf alle Berge und das kristallklare Wasser des atlantischen Ozeans.
Im Café unterhalb der Markthalle lese ich bei einer Brisa weiter im „Zorn der Wölfe“. Ein völlig abgedrehtes Pärchen nimmt Platz: Sie sehr chick zurecht gemacht, er Typ Reinhold Messner: barfuß, große Brille, ungezähmtes, wirres Haar und einen Jeansknopf im Ohr. Er lässige Jeans mit blauem, ausgewaschenem Pullover, sie beige Hose mit chickem grauem Pullover und weißer Jacke. Die Treckingschuhe stören ein wenig das Bild der perfekt gekleideten Frau. Ich gönne mir eine Art Muffin und einen heißen Kakao mit frischer, aufgeschäumter Milch. „One eighty, please!“ Was? Das kann doch nicht ihr ernst sein! Ist es aber. Am Düsseldorfer Flughafen habe ich für 3,- € lediglich eine 0,5 l Apfelschorle bekommen – dafür kann ich hier Kakao, Muffin und Brisa erstehen! Verkehrte Welt.
Kurz vor fünf betrete ich den Pingo Doce – das Schiff scheint reichlich Ware mitgebracht zu haben und die Bewohner der Insel machen reihenweise Masseneeinkäufe.
Zurück in der Jugendherberge treffe ich auf den „Tagwächter“ von heute Morgen, den ich unterwegs an einer Kneipe im Ort gesehen habe. Auch dort hat er mich erkannt. Die Welt ist klein. Porto Santo erscheint nur kurz zu erwachen, wenn tagsüber die Touristen hier sind und die Cafés rund um die Kirche mit Leben füllen.
Ich lese wieder und höre Virginia jetzt und Erdmöbel. Gegen 19.00 Uhr sind meine Nudeln mit Tomaten-Mais-Soße fertig. Da gesellt sich ein Südamerikaner zu mir. Er ist eigentlich nur für einen Tag hier gewesen, hat aber dummerweise die Fähre verpasst, da diese ja nur sonntags erst um 19.00 Uhr Richtung Funchal fährt. Er weiß nicht, was er tun soll, hier sei es so unglaublich ruhig und jetzt müsse er tatsächlich noch einen ganzen Tag hier bleiben. Er schüttelt den Kopf, als ich ihm erzähle, dass ich zum dritten Mal hier bin auch jetzt wieder eine Woche bleibe. Er will mich nicht länger vom Essen abhalten und geht selbst einkaufen. VOm Shoppingcenter Zarco rate ich ihm wohlweislich ab… Falls ich morgen noch nichts vorhätte, solle ich ihn das wissen lassen, er schliefe in Zimmer 8.
Ich esse in Ruhe zuende, er kommt vom Einkauf zurück und kocht 500 g Nudeln mit einer Soße, für die er 500 g Schweinefleisch anbrät! Wie erwartet schafft er nicht mal die Hälfte seiner Mahlzeit. Er hasst die Ruhe, freut sich über Gesellschaft. Seine beiden Brüder haben ihn noch nie in London besucht und er war seit 10 Jahren nicht mehr in Kolumbien. Sachen gibt’s. Er arbeitet in einem Krankenhaus, aber was genau er dort tut, bleibt mir schleierhaft. Nach dem Essen helfe ich ihm Abtrocknen – ohne mein Spültuch und Trockentuch wäre er aufgeschmissen. Bis 22.00 Uhr sitzen wir noch zusammen und erzählen uns Geschichten von bankgeschäften, hochnäsigen Leuten und den Eigenarten der Länder und Menschen.

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